Die Humboldt Law Clinic für Grund- und Menschenrechte (HLCMR) feierte am 07. Februar 2019 den erfolgreichen Abschluss ihres neunten Zyklus. Zugleich wurde der zehnte Jubiläumszyklus begrüßt. Besondere Begeisterung und Andrang löste die diesjährige Keynote von Prof. Dr. Bénédicte Savoy aus.
Bénédicte Savoy zu geraubten Kulturobjekten: „Statistische Evidenz spricht Bände“
Die Leibnizpreisträgerin Prof. Dr. Bénédicte Savoy, die „Lehre als ein gemeinsames Forschungsprojekt“ beschreibt, sprach über die koloniale Herkunft der Objekte in europäischen anthropologischen Sammlungen. Bereits ihr Gutachten über die Rückgabe geraubten Kulturguts durch Frankreich an die Herkunftsstaaten, das sie gemeinsam mit Felwine Sarr für den französischen Präsidenten erstellte, erregte fachübergreifend große Aufmerksamkeit. Prof. Dr. Bénédicte Savoy legte in ihrem Vortrag ein besonderes Augenmerk auf das, was sie „statistische Evidenz“ nannte. Es werde immer wieder behauptet, dass die Mehrheit der Objekte in europäischen anthropologischen Sammlungen nicht aus der Kolonialzeit stamme. Diese Behauptung widerlegte Savoy. Anschaulich zeigte sie, dass sowohl in Deutschland als auch in Frankreich ein Großteil der Objekte in anthropologischen Museen während der jeweiligen Kolonialzeit der Sammlung hinzugefügt wurde. In der anschließenden Fragerunde schloss Prof. Dr. Bénédicte Savoy mit der Feststellung, dass diese geraubten Kulturobjekte an die Herkunftsstaaten zurückgegeben werden müssten. Sie warf mit ihrem Vortrag ethische, historische und juristische Fragen auf. Sie zeigte zudem die Relevanz und Aktualität postkolonialer Beziehungen.
Im postkolonialen Raum bewegte sich auch eines der Projekte im neunten Zyklus. Die Studierenden Florence Stürmer und Julian Schramm untersuchten, auf welchen juristischen Grundlagen Forderungen nach der Rückgabe von menschlichen Gebeinen, die während der Kolonialherrschaft nach Deutschland verschleppt wurden, gestellt werden könnten.
Mnyaka Sururu Mboro: Die besondere Bedeutung von Human Remains
Als Team der HLCMR waren wir sehr geehrt, zu diesem Anlass Mnyaka Sururu Mboro, Gründungs- und Vorstandsmitglied unseres Kooperationspartners Berlin Postkolonial e.V., begrüßen zu dürfen. Mnyaka Sururu Mboro betonte, dass man die Rückgabe menschlicher Gebeine trotz des gemeinsamen Ursprungs in der Kolonialherrschaft nicht mit der Rückgabe geraubten Kulturgutes gleichsetzen dürfe. Er stellte heraus und mit seiner Präsenz eindrücklich dar, welche immense Bedeutung es habe, die Knochen der eigenen Angehörigen in ihrer Heimat begraben zu dürfen. Die Studierenden wiederum versuchten in ihrem Projekt, für dieses Verlangen rechtliche Wege zu finden. Ihre Ideen sind in der Working Paper-Reihe der HLCMR erschienen. Dieser Verzahnung verdeutlicht den Praxisbezug ebenso wie die Kreativität, die die Herangehensweise an das Recht in der HLCMR kennzeichnet.
Diskriminierungsfreie Ausbildung – ein Anliegen der HLCMR
Stella Gaumert und Thi My Duyen Nguyen stellten ein weiteres Projekt aus einem anderen Themenbereich vor. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Juristinnenbund e.V. verfassten sie ein Gutachten zur Frage, ob es einen Anspruch auf eine diskriminierungsfreie Ausbildung gibt, den sie bejahten. Das Schriftstück ist ebenfalls in der Working Paper-Reihe der HLCMR erschienen. Im Anschluss an die Grußworte, Vorträge und Präsentationen verlieh das Team der HLCMR dem scheidenden Zyklus seine Zertifikate für den erfolgreichen Abschluss der Clinic. Der Abend endete bei einem gemeinsamen Get-together am Büffet, bei dem weiter diskutiert und neue Kontakte geknüpft wurden.
Die HLCMR – ein Aushängeschild der Humboldt-Universität zu Berlin
Neun Jahrgänge wurden durch die HLCMR nun schon praxisnah in grund-, menschen- und antidiskriminierungsrechtlichen Fragestellungen geschult. In ihren Grußworten hoben die Vizepäsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, der Dekan der Juristischen Fakultät Prof. Dr. Heger und die neue Leiterin der Clinic am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien Prof. Dr. Ulrike Lembke die Bedeutung der HLCMR für die rechtswissenschaftliche Fakultät und die Universität als Ganzes hervor. Als erste Law Clinic am juristischen Fachbereich der Humboldt-Universität zu Berlin komme der Law Clinic für Grund- und Menschenrechte eine besondere Bedeutung und eine deutschlandweite Vorreiterinrolle zu. Die HLCMR sei nicht weniger als ein Aushängeschild der HU.
Prof. Dr. Martin Heger betonte, dass sich die HLCMR bei ihrem Zugang zu Menschenrechten gerade dadurch auszeichne, Menschenrechtsverletzungen nicht nur weit weg zu sehen, sondern auch solche in Deutschland und durch Deutschland zu thematisieren. Dabei stellte er in Bezug auf das Thema der Keynote und der Projektvorstellung zu menschlichen Gebeinen die Innovationen in den juristischen Ansätzen der HLCMR hervor. Es würden neue Wege beschritten, die dabei durchaus auch umstritten seien.
Die HLCMR freut sich sehr über diese Anerkennung ihrer Arbeit. Bereits im zehnten Jahrgang beschreiten wir gemeinsam mit Rechtsanwält_innen, NGOs, staatlichen Stellen und den Studierenden neue grund-, menschen- und antidiskriminierungsrechtliche Wege und hoffen, dass noch viele weitere Jahre folgen werden.