Fortbildungen für Richter*innen über Vergewaltigungsmythen – Launch des Working Papers No. 24

In unserem Working Paper, das im Rahmen des 11. Zyklus der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte in Zusammenarbeit mit Jumen e.V. entstand, werfen wir einen Blick auf die Wirkweise von Vergewaltigungsmythen in Sexualstrafprozessen und die Notwendigkeit von Fortbildungen zur Sensibilisierung für die Justiz.


Mit dem Ende des Sommersemesters 2020 ist der 11. Zyklus der Humboldt Law Clinic für Grund- und Menschenrechte erfolgreich beendet wurden. Auch in diesem Zyklus haben die Teilnehmer*innen herausragende Arbeiten verfasst, die wir in unserer Working Paper Reihe veröffentlichen wollen. Da die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie auf absehbare Zeit eine physische Veröffentlichung verhindern, haben wir uns dazu entschieden, die Working Paper dieses Jahr zunächst nur digital zu veröffentlichen. Alle zwei Wochen werden wir von nun an ein neues Working Paper, begleitet von einem kurzen Blog-Beitrag der Autor*innen, auf dem Grundundmenschenrechts-Blog veröffentlichen. Alle bis jetzt veröffentlichten Working Paper finden Sie hier.


Vergewaltigungsmythen sind eine spezielle Form von Stereotypen, die sich auf Vergewaltigungen, Täter und Betroffene beziehen können. Häufig tragen sie dazu bei, das Geschehen und dessen Folgen zu verharmlosen und den Täter zu entschuldigen. Vergewaltigungsmythen können geschlechtsbezogene Stereotype enthalten und auf diese aufbauen. Sie können auch stereotype Annahmen über weibliche Sexualität enthalten, wie beispielsweise, dass Frauen häufig „nein“ sagen würden, in Wirklichkeit aber „ja“ meinten. Alle Mythen haben gemeinsam, dass sie verkennen, dass das definierende Merkmal einer Vergewaltigung nach § 177 StGB die fehlende Einwilligung der*des Betroffenen ist.   

Vergewaltigungsmythen sowie die fehlende Sensibilisierung über sexualisierter Gewalt können Einfluss auf den Prozess wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nehmen und stellen dabei oftmals ein Hindernis für den Zugang zum Recht für die Betroffenen dar. Sie verhindern, dass sexualisierte Gewalt als solche erkannt und auch rechtlich als solche gewertet wird. So werden Vergewaltigungen seltener angezeigt, als Raub oder Körperverletzung und die Verurteilungsrate bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist mit 8 bis 13 % sehr gering ist. Damit bleiben Vergewaltigungen häufig straffrei. 

Aus diesem Anlass betrachten wir ausgehend von den Verpflichtungen aus internationalen Verträgen wie der Istanbul-Konvention und CEDAW den Einfluss von Vergewaltigungsmythen in deutschen Sexualstrafverfahren. Anhand von Gerichtsurteilen und Einstellungsbescheiden untersuchen wir den Einfluss von Vergewaltigungsmythen im deutschen Strafprozess und zeigen den bestehenden Handlungsbedarf auf. Anschließend diskutieren wir, wie durch Fortbildungen für die Justiz als möglichem Gegenmittel eine höhere Sensibilität für Vergewaltigungsmythen bei der Strafjustiz entstehen kann und somit eine den internationalen Vorgaben entsprechende Verbesserung der Rechtspraxis erreicht werden kann.


Das vollständige Working Paper „Genderstereotype und Vergewaltigungsmythen in Sexualstrafverfahren“ kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

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