Am 18. Juni 2016 trat das neue Zahlungskontengesetz in Kraft (ZKG). Damit sollen ab sofort alle Verbraucher*innen mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU die Möglichkeit haben, in Deutschland diskriminierungsfrei Zugang zu einem simplen Girokonto zu erhalten. Ohne Girokonto zu leben, erschwert die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben enorm. Diese institutionelle Diskriminierung sollte gesetzlich beendet werden.
Geldwäschegesetz steht der Gleichbehandlung im Wege
Das Gesetz dient der Umsetzung einer europäischen Richtlinie vom 23. Juli 2014, und sollte u. a. folgende Problematik lösen:
Bisher scheiterten Asylsuchende mit dem Aufenthaltsstatus der Duldung beim Antrag auf ein Konto meist am Geldwäschegesetz (GWG). Die Bankangestellten müssen bei der Gestattung eines Antrags auf ein Konto bestimmten Sorgfaltspflichten nachkommen. Die Ausweispapiere der Geflüchteten genügten den Anforderungen an einen Identitätsnachweis nach § 4 Abs. 3 und 4 GWG oft nicht, so dass einem Antrag aufgrund der nicht einhaltbaren Sorgfaltspflichten nicht stattgegeben werden konnte.
Zunächst gab es eine Übergangsregelung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 31.08.2015, die regelte, dass die Papiere von Geflüchteten den Sorgfaltspflichten nach dem GWG entsprechen. Dies sollte bis zur Regelung durch Gesetz gelten. Das ZKG sollte diese Problematik nun lösen. Zunächst sah es so aus, als würde es in Zukunft tatsächlich auch einen Zugang zu einem Konto für Geflüchtete geben. Nach § 31 I 2 ZKG sollte jede Person mit rechtmäßigen Aufenthalt in der EU und jede_r Asylsuchende berechtigt sein. In § 1 I ZKG heißt es sogar explizit, dass auch der Aufenthalt von im Inland Geduldeter als rechtmäßiger Aufenthalt gilt und somit auch Geflüchtete mit dem Aufenthaltsstatus der Duldung einen Anspruch auf ein Zahlungskonto haben.
Eine Verordnung schafft endlich Abhilfe
So weit so gut. Bei genauerem Hinsehen ergab sich folgendes Problem aus den Ausschlussgründen des § 36 I Nr. 3 ZKG: Hier wird auf das Geldwäschegesetz verwiesen. Ein Antrag kann abgelehnt werden, wenn der_die Verpflichtete den Sorgfaltspflichten nach § 3 I Nr. 1-3 GWG nicht nachkommen kann. In § 3 I Nr. 1 GWG wird wiederum auf § 4 III und IV GWG verwiesen. Das führt zu der altbekannten Problematik, dass die Papiere von Geflüchteten mit Duldungsstatus den Anforderungen des Identitätsnachweises nicht genügen und somit einen Grund zur Ablehnung darstellen.
Alles also wieder beim Alten. Es sei denn, das Bundesministerium des Innern nimmt seine Befugnis aus § 4 IV 2 GWG wahr und erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen eine Verordnung , die weitere für die Prüfung der Identität zulässige Dokumente bestimmt.
Nach einem für Außenstehende nur undurchschaubarem Abstimmungsprozess zwischen den beiden Ministerien wurde am 7. Juli 2016 nach langem Hin und Her nun die Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung (ZidPrüfV) erlassen. Jetzt sollen für eine_n Ausländer_in auch eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (§ 60a IV AufenthaltG) und für eine_n Asylbewerber_in ein Ankunftsnachweis (§ 63a AsylG) als zulässige Dokumente zur Überprüfung der Identität nach dem GWG gelten. Am Ende eines langen Weges sollte nun also der Zugang zum Konto für wirklich alle eröffnet sein.
Was heißt das? Kontoeröffnung in der Praxis
Zum Abschluss eines Basiskontovertrags genügt die Angabe einer postalischen Erreichbarkeit. Inhabende eines Basiskontos erhalten mit dem Gesetz zudem besonderen Schutz: Banken dürfen nur angemessene Entgelte erheben und die Kündigungsmöglichkeiten des Kreditinstituts sind deutlich eingeschränkt.
Verweigert ein Geldinstitut die Eröffnung eines Basiskontos, muss es dieses schriftlich begründen. Betroffenen steht dann ein kostenloses Verwaltungsverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) offen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, sich im Falle einer Ablehnung an Antidiskriminierungsberatungsstellen zu wenden und/oder den Rechtsweg zu beschreiten – auf Grundlage von § 19 AGG.
Antidiskriminierungsstellen begrüßen die neue Verordnung. Sie beendet einen für Betroffene folgenschweren Zustand: Ohne Bankkonto keine Arbeitsstelle, kein Handyvertrag, keine Überweisungsmöglichkeit der Stromrechnungen, keine Chance, Verträge abzuschließen.