My body, my choice – Noch lange keine Selbstverständlichkeit

Zwei Wochen im Jahr tagt die Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen (VN) in New York. Sie ist das zentrale Organ der VN in Angelegenheiten der Gendergerechtigkeit. Zum Abschluss der zwei Wochen werden die sogenannten „Agreed Conclusions“, eine Art Resolution, verabschiedet. Und jedes Jahr kommen dieselben Streitthemen auf. Eins dieser umstrittenen Themen sind sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit. Denn auch im Jahr 2017 ist es immer noch nicht selbstverständlich, dass Mädchen und Frauen über ihren eigenen Körper bestimmen können.

Die Frauenrechtskommission 2017

Was ist die Frauenrechtskommission? Die im Jahre 1946 etablierte und am Wirtschafts- und Sozialrat angegliederte Fachkommission hat 45 Mitgliedstaaten, welche nach einem geographischen Schlüssel verteilt sind und über die Jahre rotieren. Sie stellt also ein politisches Forum für Regierungen dar. Sie ist zu unterscheiden vom VN Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau welcher aus unabhängigen Expertinnen zusammengesetzt ist und die Implementierung der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) überprüft sowie individuelle Beschwerden gegen Staaten anhört und entscheidet.

Die Frauenrechtskommission konzentriert sich alljährlich auf ein Schwerpunktthema. Dieses war im Jahr 2017 die wirtschaftliche Stärkung von Frauen in der sich verändernden Arbeitswelt. Entsprechend ging es in den Verhandlungen, Veranstaltungen und den Agreed Conclusions um Themen wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Angleichung von Löhnen, die politische Wertschätzung von nicht-formeller Arbeit und die Notwendigkeit einer guten Bildung und Ausbildung. Es ging aber auch um weitere Themen, quasi um Grundbedingungen für die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Gleichstellung.

Ein brenzliges Thema in dieser Hinsicht sind die sexuellen und reproduktiven Rechte von Mädchen und Frauen.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Die Sicherung reproduktiver Rechte ist eine notwendige Bedingung für ein selbstbestimmtes Leben, Gleichberechtigung in der Arbeitswelt, wirtschaftliche Stärkung und Unabhängigkeit und die Erfüllung anderer Grund- und Menschenrechte. Dementsprechend sollte in den Agreed Conclusions auch mindestens ein Absatz zu diesem Thema stehen, welcher den Zugang zu adäquaten und diskriminierungsfreien reproduktiven Gesundheitsdiensten für alle Mädchen und Frauen garantiert.

Doch das sahen nicht alle Teilnehmer_innen der Konferenz so. Der neue US-Präsident Donald Trump schickte zum Beispiel zwei konservative Gruppen zur Frauenrechtskommission, die sich unter anderem gegen Abtreibung und Verhütungsmittel einsetzen: die Organisationen Center for Family and Human Rights (C-Fam) und die Heritage Foundation. C-Fam wird als „hate group“ eingestuft. Die Organisation OutRight International setzt sich zusammen mit vielen anderen dafür ein, dass C-Fam von der US-Delegation ausgeschlossen wird. Eine Petition wurde noch während der Tagung der Kommission online gestellt.

Die Agreed Conclusions – das Abschlussdokument

Organisationen wie die International Women’s Health Coalition arbeiteten unermüdlich daran, dass die vorgeschlagene Sprache zu sexuellen und reproduktiven Rechten, die ohnehin nicht übermäßig stark war, zum Beispiel selbstverständlich nicht explizit von einem Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung spricht, in den Agreed Conclusions bleiben würde. Am Ende haben sie es geschafft – ein kleiner Absatz in einem fast 20-Seiten Dokument, der etwas aussagt, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: „human rights include [the] right to have control over and decide freely and responsibly on all matters related to their sexuality, including sexual and reproductive health, free of coercion, discrimination and violence, as a contribution to the fulfillment of their economic rights, independence and empowerment“.

Es ist also im Sinne der Menschenrechte, dass Frauen selbst über ihre Sexualität entscheiden dürfen. Eigentlich Wahnsinn, dass darüber überhaupt noch diskutiert werden muss. Doch leider entspricht es tatsächlich nicht der Lebensrealität der meisten Frauen auf der Welt. In der Mehrzahl der Länder ist Abtreibung nach wie vor nicht legal. Weltweit werden jedes Jahr um die 20 Millionen unsachgemäß vorgenommene Abtreibungen durchgeführt. Die Folgen sind oft schwer gesundheitsschädigend für die betroffenen Frauen, zahlreiche sterben.

Das ist eine riesige Menschenrechtsverletzung. Und die Sprache der Agreed Conclusions ist immer noch ziemlich schwach.

Shannon Kowalski von der International Women’s Health Coalition erklärte, wie schwierig es war die Forderungen durchzusetzen und den oben genannten Absatz in den Agreed Conclusions zu behalten. Es gab Gegenwinde von Staaten wie den USA, Russland und Guyana. Ihrer Meinung nach müssen viele Regierungen endlich verstehen, dass Frauen erst wirtschaftliche Gleichstellung erreichen können, wenn sie Autonomie über ihre eigenen Körper erlangt haben. Auch die Organisation Planned Parenthood, die im Rahmen des Women’s March in Washington und dem landesweiten Protest gegen Präsident Trump in letzter Zeit häufiger in den Medien auftauchte, veröffentlichte ein Statement, in dem sie ihre Enttäuschung darüber ausdrückt, dass die US-Delegation sich bei der Frauenrechtskommission nicht klar für sichere und legale Abtreibung positionierte. In der offiziellen Wortmeldung der USA bei der Frauenrechtskommission sagte der Regierungsvertreter, dass die USA zwar reproduktive Gesundheit unterstütze, Abtreibung jedoch kein Teil davon sei.

Dies alles zeigt mal wieder klar, dass wir leider immer noch einen weiten Weg vor uns haben, und vor allem, dass wir nicht aufgeben dürfen, immer wieder dieselben Forderungen zu stellen, auch wenn wir manchmal selbst nicht glauben können und wollen, dass diese immer noch nicht selbstverständlich sind.

 

 

 

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